
Das Gebet ist nicht eine Option - es ist das Mittel, durch welches wir in Beziehung zu Gott treten. Wir wurden geschaffen, um in Ewigkeit mit Ihm vereint zu sein, doch diese Vereinigung beginnt nicht erst nach unserem Tod: Sie beginnt jetzt kraft des Gebetes und der Sakramente.
Das Gebet ist fundamental, es ist alternativlos. „Wer das Gebet übt, bleibt nicht lange in der Sünde. Denn entweder wird er das Gebet oder die Sünde lassen, weil Gebet und Sünde nicht nebeneinander bestehen können.“, stellte etwa Teresa von Avila fest. Und John Henry Newman konstatierte: „Gebet ist das Atemholen der Seele.“
Ich bin ein großer Fan von Matthew Leonard, einem bekannten US-amerikanischen katholischen Autor, Redner und Gründer der „Next Level Catholic Academy“. Er moderiert des Weiteren mit ansteckender Freude und Begeisterung den beliebten Podcast „The Art of Catholic“, welcher die Wahrheit, Schönheit und Güte des katholischen Glaubens in den verschiedensten Facetten thematisiert.
Ich höre diesen Podcast, wann immer ich nebenher etwas Zeit habe, zum Beispiel beim Bügeln oder Kochen. Wenn Du im Englischen fit bist, kann ich Dir von ganzem Herzen empfehlen: Hör mal rein! Du wirst viel über den katholischen Glauben lernen und immer wieder aufs Neue eine Inspiration finden.
In seinem Leitfaden zur Vertiefung des Gebetslebens führt Matthew Leonard acht praktische Tipps aus, welche mir sehr geholfen haben und die ich im Folgenden gerne vorstellen möchte.
1) Mach Dein Gebet zum unverhandelbaren Bestandteil Deines Tages:
Setzen wir unser Gebetsleben nicht klar als Priorität, wird es das Erste sein, das wir aus unserer To-Do-Liste streichen, wenn wir alle Hände voll zu tun haben. So haben wir oft das Gefühl, keine Zeit für das Gebet zu haben – dabei ist es umgekehrt: Gott multipliziert unsere Zeit, wenn wir uns Zeit für Ihn nehmen. Er sorgt dann dafür, dass wir mit allen anderen wichtigen Dingen fertig werden. Je beschäftigter wir sind, desto mehr sollten wir beten.
2) Wähle weise den Zeitpunkt und die Umgebung:
Ein wichtiger Faktor, um uns in die Gegenwart Gottes zu versetzen, ist die richtige Umgebung. So wird es uns schwerfallen, bei der Happy Hour am Bartresen oder beim Junggesellenabschied zu beten. Den meisten Menschen fällt es auch leichter, morgens zu beten statt abends, wenn uns vor Müdigkeit die Augen zufallen. So gerne ich vor dem Zubettgehen den Tag beim Abendgebet mit meinem Ehemann beschließe, so bin ich doch morgens beim Beten konzentrierter und aufnahmefähiger.
3) Suche die Stille:
In der heutigen Welt werden wir ständig mit Lärm bombardiert – umso wichtiger ist es, zum Beten die Stille aufzusuchen. Der geeignetste Ort zum Beten ist sicherlich eine Anbetungskapelle – doch es gibt auch viele andere ruhige und adäquate Plätze. Allerdings fällt es uns manchmal auch in äußerer Stille schwer, innerlich still zu werden. Eine Hilfe kann es da sein, den Namen Jesu immer wieder anzurufen, denn durch die Wiederholung fokussiert sich unser rastloser Verstand und kommt zur Ruhe. Auch kann es eine gute Option sein, aus dem Evangelium eine Passionspassage zu lesen.
4) Qualität statt Quantität:
Das geistliche Leben ist kein Sprint. Es ist ein Marathon. Qualität geht immer vor Quantität. Der heilige Franz von Sales sagte, ein andächtiges Vaterunser oder Ave Maria sei wertvoller als hunderte gedankenlos heruntergeratterte. Das Ziel ist nicht, fertig zu werden - das Ziel ist Gott.
5) Fürchte Dich nicht vor Veränderungen:
Manchmal scheinen wir im Gebetsleben nicht richtig voranzukommen und klammern uns zu sehr an eine starre Routine. Wir sollten keine Angst davor haben, Dinge zu verändern und Neues auszuprobieren. Das Gebet ist eine Bewegung unseres Herzens zu Gott hin. Die Hilfsmittel, derer wir uns bedienen, um diese Bewegung zu fördern, sind nur das – Hilfsmittel. Brechen wir aus unserer Gebetsroutine aus, kann uns das helfen, frisch und dynamisch eine Konversation mit unserem Herrn zu beginnen.
6) Lass dem Gebet Taten folgen:
Letzten Endes sollte das Gebet Veränderung bewirken. Im geistlichen Leben gibt es keine Plattformen – wir bewegen uns ständig entweder zu Gott hin oder von Ihm weg. Folglich sollte aus unserem Gebet immer Bewegung resultieren. Was immer es ist, worum uns der Herr bittet oder wozu Er uns inspiriert, wir sollten dem Gebet Taten folgen lassen.
7) Übe Dich im spontanen Gebet:
Im Verlauf des Tages immer wieder in kurzen Stoßgebeten dem Herrn zu danken oder zu loben gehört zu den mächtigsten Waffen im geistlichen Leben. Der heilige Philipp Neri bestätigte: „Es ist eine alte Gewohnheit der Heiligen Gottes, kleine Gebete parat zu haben und sie während des Tages regelmäßig wie Pfeile gen Himmel zu schießen. Wer diesem Ratschlag folgt, erntet mit geringem Aufwand reiche Früchte.“ Auf diese Art und Weise können wir auch versuchen, Paulus Ermahnung gerecht zu werden: „Betet ohne Unterlass!“ (1 Thess 5, 17)
8) Bitte um Gebet:
Wenn wir in Schwierigkeiten sind, bitten wir andere, für uns zu beten. Warum nicht auch bei Problemen im Gebetsleben? Das muss nicht unbedingt jemand aus unserem Bekanntenkreis sein. Wir sind Katholiken! Als solche gehören wir zur Gemeinschaft der Heiligen und können jeden, der in Christus ist – ob noch auf Erden oder schon im Himmel - um Hilfe bitten. Die Heiligen „sorgen unablässig für jene, die sie auf Erden zurückließen. Ihre Fürbitte ist ihr höchster Dienst an Gottes Ratschluß. Wir können und sollen sie bitten, für uns und für die ganze Welt einzutreten“ (KKK:2683). Unsere himmlischen Brüder und Schwestern wollen uns helfen – geben wir ihnen Gelegenheit dazu!
Dieser Beitrag erschien in gekürzter Form in zwei Artikeln am 10. und 17. September 2020 in der katholischen Wochenzeitung "Die Tagespost".