
Unsere Kinder wachsen mehrsprachig auf. Sowohl mein Mann als auch ich wurden zwar in Deutschland geboren, entstammen jedoch einer argentinischen beziehungsweise ungarischen Familie. So kommt es, dass ich mit den Kindern spanisch spreche und mein Mann deutsch. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass das wunderbar gelingt, wenn jeder konsequent bei seiner Sprache bleibt.
Unsere mittlere Tochter, die vor kurzem zwei Jahre alt geworden ist, übersetzt sogar für uns. Nachdem sie meinem Mann etwas auf Deutsch gesagt hat, wiederholt sie es nochmal für mich auf Spanisch und andersherum. Meine Schwiegermama spricht ungarisch mit den Kindern, doch da wir weiter weg voneinander wohnen, sehen wir uns leider nicht so häufig. Ich wundere mich jedes Mal aufs Neue, dass unsere Große trotzdem alles versteht und ihr auch ab und zu in fließendem Ungarisch antwortet. Während ich schon seit Jahren versuche, mir diese komplexe Sprache anzueignen und dabei immer wieder in Lektion 2b steckenbleibe, lernt meine Tochter diese absolut mühelos und einfach nebenbei! Diese schier grenzenlos scheinende kindliche Kapazität, Neues wie ein Schwamm aufzusaugen, bringt uns immer wieder zum Staunen.
Und es gibt eine weitere, sehr wichtige Sprache in unserer Familie: die Sprache des Gebets. „Eine Familie, die zusammen betet, bleibt zusammen.“ – davon war nicht nur Mutter Teresa überzeugt. Eine wichtige Rolle spielen für uns die Tischgebete und das gemeinsame Abendgebet. Vor den Mahlzeiten wollen wir dem Herrgott für die guten Gaben danken und ihn darum bitten, unsere Tischgemeinschaft sowie die Speisen zu segnen. Oft fassen wir uns an den Händen und singen gemeinsam – daran finden die Kinder größten Gefallen. Abends lassen wir den Tag zusammen Revue passieren, danken für all das Gute, bitten um Verzeihung, wo wir gefehlt haben und um Gottes Segen für unsere Familie und all unsere Lieben. Unsere Großen danken gerne im freien Gebet für alles, was sie an diesem Tag am schönsten fanden. So legen wir den Fokus auf das Positive und auf all die Kleinigkeiten, für die wir dankbar sein können.
Da ich mit den Kindern außerdem sehr gerne und tagsüber immerzu diverse Lieder singe, ertönt auch mancherlei Gebet in Liedform. Besonders gerne stimme ich die meditativen Taizélieder an, da sich das stets wiederholende, aus wenigen Wörtern bestehende Gebet in Verbindung mit der schlichten Melodie immer tiefer in der Seele einprägt.
Ein festes Ritual ist es bei uns auch, die Kindern morgens, bevor sie zur Schule oder zum Kindergarten aus dem Haus gehen, tagsüber bei Bedarf und abends vor dem Schlafengehen mit einem kurzen Stoßgebet zu segnen, sie dem Herrgott anzuvertrauen und ihnen dabei ein kleines Kreuz auf die Stirn zu zeichnen – vor dem Verlassen des Hauses mit Weihwasser aus unserem kleinen Weihwasserbecken am Hauseingang.
Das sind kleine, aber für uns heilsame und Kraft spendende Oasen des Gebets, die wir hierdurch ganz natürlich in unseren turbulenten Alltag einflechten. Denn auch die Sprache des Gebets will gelernt und geübt werden – und das gilt keineswegs nur für die Kinder.
Dieser Beitrag erschien in gekürzter Form am 12. September 2019 in der katholischen Wochenzeitung "Die Tagespost".